Grenzsteinwanderung mit Jägerlatein gewürzt

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Heimat- und Wanderfreunde auf Grenzgang vom Kriegsholz bis zum Birkenkopf

Bei Grenzumzügen gab es früher für die jüngsten Teilnehmer zuerst eine Ohrfeige und danach ein Geldstück oder Süßigkeiten. Auf diese Weise sollten sie sich den Grenzverlauf einprägen. Alte Akten berichten auch, dass es nicht selten zu Streitigkeiten mit den Nachbargemeinden kam, wenn der exakte Verlauf nicht mehr klar zu erkennen war. Da ging es am vergangenen Samstag bei Breitenstein, an der Grenze zwischen Kursachsen und Kurhannover, wesentlich unterhaltsamer und friedlicher zu. Gab es doch auch ein kleines Jubiläum: Vor genau 20 Jahren hatten Mitglieder des Heimat- und Geschichtsvereins „Goldene Aue" mit der Inventarisation der ehemals 242 Grenzsteine auf dem rund 40 Kilometer langen Abschnitt dieser Grenze begonnen.

Uwe Kramer, Mitarbeiter im Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz, erklärt an einem altem Grenzstein die historischen Hintergründe seiner Aufstellung. In diesem Jahr nahmen rund 20 Heimatfreunde am Grenzumzug bei Breitenstein teil. Uwe Kramer, Mitarbeiter im Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz, erklärt an einem altem Grenzstein die historischen Hintergründe seiner Aufstellung. In diesem Jahr nahmen rund 20 Heimatfreunde am Grenzumzug bei Breitenstein teil.

Seit 11 Jahren absolvieren der Heimat- und Geschichtsverein „Goldene Aue" und das Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz für interessierte Heimatfreunde einen „kleinen Grenzumzug" im Kriegsholz und am Birkenkopf bei Breitenstein. Rund 20 Wanderfreunde nahmen in diesem Jahr daran teil. Bei den Steinen mit den Nummern 1a, b und c bekamen sie vom Geschichtsverein zwei Bonbons spendiert, einen zum Lutschen und den anderen für später, zur Erinnerung an diesen Tag.

Als Ehrengast konnte Werner Fröhlich (83) aus Breitenstein für die Tour geworben werden. Er hatte bereits vor Jahrzehnten Urlauber auf den Spuren der historischen Grenzen in dieser Region geführt. Er ergänzte mit seinen Kenntnissen Uwe Kramers Erklärungen und würzte die diesjährige Tour mit regionalen Sagen und etwas Jägerlatein. Schon die Suchaufgabe nach den drei alten Ahornbäumen erweckte Neugier. Bei einer solchen Baumgruppe erklärte Fröhlich augenzwinkernd:" Hier sollen vor 200 Jahren französische Soldaten auf der Flucht die Kriegskasse vergraben haben. Gefunden wurde sie bisher noch nicht." Dafür fiel ihm noch eine andere Episode ein: So hatte einst der Jäger Fröhlich beim Ansitz sein Gewehr an einen trockenen Ast gehängt. Dieser entpuppte sich als das Geweih eines Hirsches und das Gewehr verschwand mit dem Tier im Wald.

Sandro Meyer (li.) und Uwe Kramer zeigen Sybille Emmelmann aus Herrmannsacker vor dem Stein mit der Nummer drei den entsprechenden Text im Grenzsteinbuch des Landesamtes für Archäologie. Rund 20 Teilnehmer  kamen zum diesjährigen Grenzumzug nach Breitenstein. Sandro Meyer (li.) und Uwe Kramer zeigen Sybille Emmelmann aus Herrmannsacker vor dem Stein mit der Nummer drei den entsprechenden Text im Grenzsteinbuch des Landesamtes für Archäologie. Rund 20 Teilnehmer kamen zum diesjährigen Grenzumzug nach Breitenstein.

Die vor 279 Jahren aufgestellten Steine der Grenze Kursachsen-Kurhannover am Birkenkopf zeigten sich am Samstag in der schönsten Frühlingssonne. Bei den sogenannten „Dreiherrensteinen" beginnt der im Jahre 1735 mit sehr aufwändig gearbeiteten Steinen markierte Abschnitt dieser Grenze, berichtete Uwe Kramer. Die Steine mit dem springenden Pferd für das Kurfürstentum Hannover und dem schreitenden Löwen für Kursachsen sind aber auch ein beredtes Zeugnis der Steinmetzkunst aus dieser Zeit. Leider ist nicht bekannt, wo sie angefertigt worden sind. Das Aufstellen, überwiegend im unwegsamen Gelände, war Knochenarbeit. Jeder Stein ist insgesamt 1,20 Meter lang und wiegt rund 200 Kilogramm. Sichtlich beeindruckt davon waren Hartmut und Annelie Holzhause. Sie kannten zwar, wie auch Sybille Emmelmann, die auch zu dieser Grenze gehörenden Steine vor ihrer Haustür, bei Herrmannsacker und Buchholz, aber die historischen Hintergründe waren weitgehend neu für sie. „Im nächsten Jahr wieder", lautete deshalb ihr Abschiedsgruß nach der rund dreistündigen Wanderung.

Grenzstein Nr. 3 Grenzstein Nr. 3 Die am Birkenkopf bei Breitenstein beginnende Grenzlinie Kursachsen-Kurhannover von 1735 ist von Mitgliedern des Heimat- und Geschichtsvereins Goldene Aue in einem Katalog des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt veröffentlicht. Darin sind sämtliche damals vorhandenen Grenzsteine beschrieben und abgebildet sowie der geschichtliche Hintergrund der Grenze dargestellt.

Jeder Stein trägt eine fortlaufende Nummer und fast immer die Jahreszahl 1735. Sie kennzeichnen bis zum heutigen Tag Landes-, Kreis- und Flurgrenzen und stehen außerdem unter Denkmalschutz. Das Entfernen wird strafrechtlich verfolgt.