Auf den Spuren des Preußischen Königreiches

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KELBRA / Über 30 Wanderer folgten am Samstag der Einladung des Fördervereins für Heimatgeschichte der Stadt Kelbra und des Heimat- und Geschichtsverein „Goldene Aue" zu einer Grenzsteinwanderung am Rande des Königreiches Preußen.
Die Grenzsteintour führte das Hopfental und Kellental hinauf zur Hüflarbaude und zurück nach Kelbra. Rund sechs Stunden waren die Heimatfreunde auf dem etwa fünf Kilometer langen Rundwanderweg unterwegs. Dieser, mit einem gelben Strich gekennzeichnete Weg, wurde Mitte der 1980er Jahre angelegt. Er führt entlang einer uralten Grenze. Seit 50 Jahren kontrolliert Manfred Schröter vom Heimat- und Geschichtsverein „Goldene Aue" in regelmäßigen Abständen die historischen Grenzsteine auf Vollständigkeit. Den Abschnitt der einstigen Grenzlinie Schwarzburg-Sondershausen/Königreich Preußen zwischen Kelbra und Nordhausen, entlang der Hainleite und Windleite, kennzeichneten ursprünglich 273 kleine Obelisken aus rotem Sandstein. „Leider werden es immer weniger", bedauert Schröter. „Zerstörung durch Unachtsamkeit bei landwirtschaftlichen
Arbeiten und das Entfernen der Steine durch Unbekannte sorgen auch hier für Lücken." Westlich des alten Fahrweges nach Badra und dem anschließenden Grenzgraben stehen aber noch einige dieser Steine. Dabei ist der Stein mit der Nummer 22 ein Unikat. Manfred Schröter vermutet, dass die Steine bereits in einer Werkstatt vorgefertigt wurden. „Dabei kam es beim Stein Nummer 22 zu einem Fehler", sagt er. „Die Weisung auf dem Kopf, welche den Verlauf der Grenze anzeigt, war falsch. Sie wurde vor Ort nachträglich korrigiert. Die falsche Linie hat man durch Punkte unkenntlich gemacht."

 

Manfred Schröter (2.v.re.) berichtet aus der wechselvollen Geschichte der Grenzlinie Schwarzburg-Sondershausen und dem Königreich Preußen am Kyffhäuser

Manfred Schröter (2.v.re.) berichtet aus der wechselvollen Geschichte der Grenzlinie Schwarzburg-Sondershausen und dem Königreich Preußen am Kyffhäuser © Steffi Rohland

Auch der Oberförster a.D. Günther Ludwig erläuterte den Wanderern den Grenz- und Wegeverlauf in diesem Gebiet. Im so genannten Wienhölzchen steht der nächste Stein, mit der Nummer 23. Das sehr gut erhaltene Exemplar trägt auf einer Seite die Initialen S.S. für das Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen, auf der Gegenseite K.P. für das Königreich Preußen und die jeweilige Nummer.
Sorgfältig behauen stehen diese Steine seit rund 180 Jahren an ihrem Platz. „In welchem Jahr die Aufstellung erfolgte, ist nicht bekannt", erklärte Schröter. „Die Kelbraer Chronik berichtet nichts darüber. Auch in den Archiven sind wir bisher nicht fündig geworden. Die Suche danach ist sehr zeitaufwändig." Jeder gefundene Stein wurde aufmerksam betrachtet und je nach Attraktivität oft fotografiert. Am Stein Nummer 13 erhielten die zwei jüngsten Exkursionsteilnehmer je einen Bonbon. „Bei früheren Grenzumgängen war es üblich, dass man den Kindern entweder ein Geldstück oder ein paar Ohrfeigen gab", sagte Manfred Schröter. „Dadurch sollten sie sich den Standort besser merken."

Grenzstein Nummer 23 Grenzstein Nummer 23 Grenzstein Nummer 23 Grenzstein Nummer 23
 Der Grenzstein Nummer 23 ist sehr gut erhalten © Steffi Rohland

Der Grenzverlauf hat eine sehr wechselvolle Bedeutung: Die älteste Nennung geht auf das Jahr 1417 zurück. Damals verpfändeten die Thüringer Landgrafen das Amt Kelbra an die Stolberger Grafen. 1428 belehnten die Herzöge von Sachsen die Schwarzburger und die Stolberger Grafen gemeinsam mit diesem Amt. 1815 erfolgte die Abtretung des Amtes Kelbra von Sachsen an Preußen. Nach der Auflösung Preußens, 1947, trennte die Grenze die Länder Thüringen und Sachsen-Anhalt, bis zur Bildung der Bezirke und Aufhebung der Länder im Jahre 1952. Bis 1990 bildete sie die Grenze zwischen den Bezirken Erfurt und Halle, danach wurde sie wieder zur Ländergrenze zwischen Sachsen-Anhalt und dem Freistaat Thüringen.
Die ältesten Steine tragen auf der Schwarzburger Seite eine Gabel und auf der Seite des Gemeinschaftsamtes Schwarzburg-Stolberg eine Gabel und einen Kreis. Zu nicht bekannter Zeit ersetzte man schon fehlende Grenzsteine durch kleine Steine mit halbrunden Kopf und ohne Zeichen. Die Preußen machten es dann sehr gründlich. An jeder Stelle wo ein Stein stand wurde zusätzlich ein neuer aufgestellt, so das heute auch mehrfach versteinte Grenzpunkte gibt.

Doppelversteinung am Grenzstein Nummer 13 © Steffi Rohland