Neue Puzzlesteine der Sangerhäuser Geschichte ergänzt

Forscher geben Einblicke in die barocke Residenzzeit

SANGERHAUSEN. Vor über einem Jahr entstand die Idee, anlässlich des 300-jährigen Jubiläums der Einweihung der Trinitatiskapelle in Sangerhausen ein so genanntes Trinitatislager zu veranstalten. Die Kirchengemeinden, Bürger, Vereine und Institutionen engagierten sich in mehreren Veranstaltungen um die Erforschung und nachvollziehbare Darstellung der barocken Residenzzeit Herzog Christians in Sangerhausen. Zum Veranstaltungsreigen gehörte das Trinitatislager mit der Aufführung der Jagdkantate, die Ausstellung zum Thema „Spuren der Barocken Residenzzeit - 300 Jahre Schlosskapelle Sangerhausen", eine Jagd und Hubertus-Messe in Pölsfeld bis hin zur wissenschaftlichen Tagung. Für die Teilnehmer brachte es viel Erkenntnisgewinn und neue Aufgaben. Denn: je mehr man sich mit der barocken Residenzzeit beschäftigt, umso mehr Fragen und Aufgaben ergeben sich. Zum vorläufigen Abschluss des Veranstaltungsjahres „300 Jahre Schlosskapelle Sangerhausen" hatten der Sangerhäuser Geschichtsverein und der Landesheimatbund Sachsen-Anhalt zu einer wissenschaftlichen Tagung eingeladen, die mit vielen neuen Erkenntnissen aufwarten konnte. So überraschte Reinhard Schmitt vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie mit der Tatsache, dass es doch noch Reste der Schlosskapelle zu sehen gibt. Für ihn bewahrheitete sich wieder einmal: Es ist besser sich vor Ort ein Bild zu machen, als nur nachzulesen. „Denn nach der Chronik von Friedrich Schmidt nimmt man an, es sei alles weg", sagt Schmitt. Allerdings konnte er anhand überlieferter Baupläne und der Besichtigung vor Ort feststellen, dass Baufugen und veränderte Fensterformen an das Gebäude erinnern. Wonach die brauchbaren Teile des Mauerwerks einfach in die jetzige Bebauung einbezogen wurden. Zu seinem Bedauern liefen die bisherigen Bauarbeiten am Amtsgericht ohne dokumentierende Bauforschung.

Der Bauforscher Reinhardt Schmitt zeigt auf einen Eingang der Trinitatiskapelle. Offensichtlich wurden Gebäudeteile der Kapelle in einen jüngeren Bau einbezogen. (Foto:hno)Der Bauforscher Reinhardt Schmitt zeigt auf einen Eingang der Trinitatiskapelle. Offensichtlich wurden Gebäudeteile der Kapelle in einen jüngeren Bau einbezogen. (Foto:hno)


Der Historiker Joachim Säckl gab den Sangerhäusern zum wiederholten Mal ein wenig den Stolz auf ihre Geschichte zurück. Schließlich fundamentierte Herzog Christian mit dem Kapellenbau seine politische Einstellung zum Evangelischen Glauben in einer Zeit, in der die Hauptlinie der Albertiner, August der Starke, zum Katholizismus konvertierte. Durch den Vortrag von Mario Titze vom Landesamt für Denkmalpflege, kann man den Bogen in die gräfliche Residenzstadt Stolberg/Harz spannen. Schließlich stammt das Gesamtkonzept für die Schlosskapelle, wie das barocke Stolberger Schloss vom Architekten Johann Conrad Buchau. Der dazu nötige Kontakt kam möglicherweise durch Herzog Christians Ehefrau, einer verwitweten Gräfin von Mansfeld geb. von Stolberg-Stolberg, zu Stande.
Anlässlich der Einweihung der Trinitatiskapelle wurde eine Medaille geprägt. (Foto:sro)Anlässlich der Einweihung der Trinitatiskapelle wurde eine Medaille geprägt. (Foto:sro)Mit Weißensee und Kindelbrück(Thüringen) verbindet die Stadt die gemeinsame Finanzierung der Huldigungsmedaille von 1712, wie die Referentin Dagmar Sommer zeigte. Außerdem erläuterte sie die Motive mehrerer Medaillen, wovon die zur Einweihung der Schlosskapelle in der Sonderausstellung im Spengler-Museum zu sehen ist. Mit den „glänzenden Hinterlassenschaften" der Herzogzeit beschäftigte sich auch Ulf Dräger von der Stiftung Kunstmuseum Moritzburg. Hauptaugenmerk legte er dabei auf die „Hosse-Bibel", die der Herzog der Trinitatis-Kapelle stiftete. Der Goldschmiedemeister August Hosse (1657-1732) gehörte zu den bedeutendsten Goldschmieden seiner Zeit, zu dessen Auftraggebern auch der russische Zar zählte. Schmunzelnd sagte er: „Sie haben ein erstrangiges Kleinkunstwerk, worüber andere neidisch sind."
Das Altersbildnis des Herzogs mit seinem außergewöhnlichen Rahmen gibt noch viele Rätsel. Es ist außerdem sehr restaurierungsbedürftig. (Foto:hno)Das Altersbildnis des Herzogs mit seinem außergewöhnlichen Rahmen gibt noch viele Rätsel. Es ist außerdem sehr restaurierungsbedürftig. (Foto:hno)Wenn schon die silberbeschlagene Bibel etwas restaurierungsbedürftig ist, ist das noch gar nichts im Vergleich zum Altersbildnis Herzog Christians in der Ulrichkirche. Die außergewöhnliche Rahmung des repräsentativen Herrscherporträts gibt der Referentin Claudia Kunde noch einige Rätsel auf und noch mehr Anlass zur Sorge. Denn es befindet sich in einem sehr schlechten Erhaltungszustand, wie die Veranstaltungsteilnehmer bei der abschließenden Exkursion sehen konnten. Somit bewahrheiteten sich die Worte von Cornelia Wewetzer vom Landesheimatbund, die sagte: „Die Zeugnisse sind Lust und Last." Außerdem lobte sie die Spurensucher, die eine vergessene Zeit zurückgeholt haben. „Es war eine Zeit von Glanz, Prunk und Genuss aber auch der Bildung und Wissenschaft."

 

 

Info:
Die Sonderausstellung „Prinz.Regent.Protestant. Herzog Christian von Sachsen-Weißenfels in Sangerhausen" ist bis 30.März 2014 zu sehen.